heute ist es bayreuth wohin man gehen muß

Der französische Philosoph Voltaire schwärmte von Franken. In einem nun veröffentlichten Briefwechsel mit Markgräfin Wilhelmine, der Initiatorin eines späteren Welterbes, geht es um Hochkultur, Diplomatie und Verdauungsfragen. Welches Kalkül dahinter steckte.

Nach seinem Namen nennt man das 18. Jahrhundert auch das „Jahrhundert Voltaires“. Am 21.11.1694 geboren, war er mit 32 Jahren bereits ein bekannter Schriftsteller. Sein Drama „Ödipus“ und seine Versdichtung, die „Henriade“, machten ihn berühmt. Aus seinem Exil – er wurde zwei Jahre nach England verbannt – berichtete er in seinen „Philosophischen Briefen“ über die dortigen freieren Verhältnisse; zum ersten Mal vernahm man in Frankreich die Stimme der Aufklärung. Zurückgekehrt, wurde er zum Wegbereiter von Diderot und D`Alembert, d’Holbach und von Hélvetius, den Enzyklopädisten. Er reiste 1750 an den Hof Friedrichs II nach Berlin, denn er hoffte, dort Verbündete zu finden. 3 Jahre später floh er über Gotha, Mannheim, Colmar nach Genf. Sein Roman Candide spiegelt seine Ernüchterung über aufgeklärte Monarchen à la Friedrich.

Im letzten Drittel seines Lebens führte Voltaire einen zähen Kampf gegen die katholische Kirche. Er erreichte die Rehabilitation des am 18.11.1761 zum Tode durch Rädern verurteilten Jean Calas. Er mobilisierte halb Europa gegen das Todesurteil gegen den Chevalier de la Barre, dessen Verbrechen darin bestand, eine katholische Prozession nicht gegrüßt zu haben. Ihm ist es zu verdanken, dass sich die Kirche weitere Terrorprozesse nicht mehr erlauben konnte.

VOLTAIRE IN BAYREUTH

Mehrfach kommt Wilhelmines Bruder Friedrich der Große zu Besuch nach Bayreuth. 1743 bringt der preußische König auch noch einen berühmten Gast mit nach Bayreuth: den Philosophen Voltaire. Während Friedrich bereits nach kurzer Dauer abreiste, blieb Voltaire mehrere Wochen in Bayreuth, wo er sich offenbar sehr wohl fühlte: „Bayreuth ist ein wunderlich stiller Ort. Man kann alle Annehmlichkeiten eines Hofes ohne die Unbequemlichkeiten der großen Welt genießen.“

Zwar mutet die Anzahl der nur 46 überlieferten Briefe, die Voltaire und Wilhelmine von 1742–1758 austauschen, nicht eben stattlich an verglichen mit den 238 Briefen, die der Aufklärer und Luise-Dorothea von Sachsen-Gotha in fast gleich langer Zeit einander schreiben. Zudem ist die hier vorgelegte Korrespondenz zeitlich sehr ungleich verteilt – hat es aber in sich: Einen ersten Schwerpunkt bilden die Jahre 1750–1752, als es Voltaire nach zähem Ringen gelingt, mit dem Marquis d’ Adhémar eine adäquate Repräsentationsfigur nach Bayreuth zu vermitteln. Eine ähnlich hohe Frequenz zeigt der Briefwechsel 1756–1758, also während der Anfänge des blutigsten Kriegs der Epoche. Da wollen die Fürstin und der Aufklärer zwischen Preußen und Frankreich vermitteln. Doch mit seinem Sieg über die Franzosen bei Rossbach im November 1757 macht Friedrich II. als übermächtiger Spieler im Hintergrund dem Vermittlungsspiel ein Ende. Die Korrespondenz bietet ferner die Bühne für ein höchst amüsantes Rollenspiel, das den Standesunterschied zwischen dem Aufklärer und der Markgräfin elegant überspielt.